Melih stammt aus der Türkei. 2017 kam er mit seiner Familie nach einem zweijährigen Aufenthalt in Portugal nach Deutschland. Zunächst besuchte er eine Realschule, ab der 8. Klasse dann die LFS.

Danylo kam im März 2022 mit seiner Mutter und seinem kleinen Bruder aus Kiew nach Köln. Da er dort die deutsche Auslandsschule besucht hatte, konnte er an der LFS direkt in die Q1 einsteigen – genau wie seine beste Freundin Valeria, die ebenfalls im Zuge des Ukrainekriegs ihre Heimat verlassen musste und zu uns an die Schule kam.

Der Schülersprecher Oskar führte das Interview im Rahmen ihrer Abiturentlassfeier.

Was war für euch in der Qualifikationsphase und im Abitur die größte Herausforderung?

Melih: Die Sprache, natürlich! Ich war schon, bevor ich nach Deutschland gekommen bin, gut in naturwissenschaftlichen Fächern. Bei denen hatte ich zumindest keine großen Probleme. Alleine aus dem Kontext heraus kann man den Inhalt leicht verstehen.

Aber in Fächern wie Deutsch oder Geschichte ist es mir am Anfang schwer gefallen, den Unterricht zu verstehen. Zum Glück kann man solche Fächer in der Q1 teilweise abwählen. Nur Deutsch ist mir sehr schwer gefallen. Andere Fächer waren nach einer gewissen Zeit für mich verständlich.

Danylo: Die größte Herausforderung war, beim Abitur auf die richtige Seite zu schreiben.
In meiner schriftlichen Biologieabitur-Arbeit habe ich ein paar Mal auf die falsche Seite geschrieben. Ich glaube, dass ich dadurch einen Punkt verloren habe.

Aber jetzt habt ihr ja euer Abitur und für mich, ich bin jetzt in der 8. Klasse, ist das noch etwas Unerreichbares. Und ihr habt es sogar in einer anderen Sprache gemacht. Unglaublich!

Wie war eure Anfangszeit hier in Deutschland und wie wurdet ihr aufgenommen?

Melih: Schon bevor meine Familie und ich nach Deutschland gekommen sind, haben wir recherchiert, wo Ausländer am freundlichsten aufgenommen werden. Und wir haben gesehen, dass es in Köln oft der Fall ist. Alltäglichem Rassismus bin ich hier nicht begegnet. Vor allem nicht an dieser Schule. Als ich hier an die Schule gekommen bin, sind direkt alle Schüler zu mir gekommen und haben sich bei mir vorgestellt und so haben sie den ersten Schritt gemacht. Schon nach der ersten Schulstunde hatte ich 20 Freunde. Ich habe mich von Anfang an nie allein gefühlt. Auch bei den Lehrern möchte ich mich herzlich bedanken, weil sie mir immer geholfen haben beim Unterricht mitzukommen.

Danylo: Also, für mich war Alltagsrassismus auch kein Problem. Auch wenn ich es ein wenig anders erlebt habe. Bei mir waren die meisten Schüler am Anfang etwas zurückhaltend, was ich auch nachvollziehen kann. Nach ein paar Monaten hatte ich aber auch schon Freunde gefunden.

Was waren für euch die größten Unterschiede zwischen den Schulen an denen ihr vorher wart und der Schule hier?

Danylo: Es gab vor allen zwei Dinge, die mich überrascht haben: erstens, dass es eine katholische Schule ist. Ich bin nur zufällig auf die LFS gekommen, weil meine beste Freundin hier ist. Das hat mich sehr überrascht. Das zweite war das Kurssystem: Ich musste mich erst daran gewöhnen, dass es in der Oberstufe keine festen Klassen gibt. Das haCe ich so in der Ukraine nicht.

Melih: Eigentlich nicht viel. Vorher war ich zwei Jahre in Portugal, wo es generell sehr ähnlich war. Der einzige kleine Unterschied war, dass Mathematik und die naturwissenschaftlichen Fächer etwas schwerer waren. Dafür sind hier gesellschaftwissenschaftliche sowie sprachliche Fächer schwerer. Vielleicht liegt das aber auch nur an der Schule.

Wie lang hat es bei euch gebraucht bis ihr dem Unterricht folgen konntet?

MelihIn Deutsch immer noch nicht. Im ersten Halbjahr der Q1 hatte ich eine vier in Deutsch auf dem Zeugnis. Mittlerweile geht es aber einigermaßen. In Fächern wie Geschichte hat es ungefähr drei Jahre gedauert. Das lag aber auch daran, dass ich kein Vorwissen über die deutsche Geschichte hatte.

Danylo: Mein deutsches Sprachniveau war eigentlich schon in Kiew ziemlich hoch. Deswegen gab es für mich keine großen sprachlichen Probleme. Ein paar Probleme hatte ich mit gewissen Begrifflichkeit. Zum Beispiel bei den Naturwissenschaften, aber da die meisten Begriffe aus anderen Sprachen wie dem Lateinischen kommen, war das auch keine wirklich große Herausforderung.

Was war für euch das schönste an eurer Schulzeit?

Melih: Teilweise habe ich es ja schon erwähnt: Ich finde es einfach toll, wie toll hier alle empfangen werden. Und vor allem, wie liebevoll die Lehrer hier waren. Ich habe mich an dieser Schule nie alleine oder hilflos gefühlt und wenn ich etwas gebraucht habe, konnte ich einfach meine Lehrer oder meine Mitschüler fragen.

Was wollt ihr den anderen LFS- Schüler:innen mit auf den Weg geben?

Melih: Sein Abi schafft man letztlich immer. Was mir erst später aufgefallen ist, ist, dass ich auf dem Weg dahin zu wenig Spaß hatte. Ich finde man sollte das Abitur weniger als Aufgabe, mehr als ein Erlebnis sehen, bei dem man viel Spaß haben sollte.

Wie sehen eure Zukunaspläne aus? Wollt ihr in Deutschland bleiben?

MelihIch habe vor, an der RWTH Informatik zu studieren und danach werden wir sehen, was passiert.

DanyloIch habe vor, in München an der TU Biotechnologie zu studieren. Nach dem Studium plane ich, wieder zurück in die Ukraine zu gehen und dort irgendwo in der Agraindustrie zu arbeiten. Nach einer gewissen Zeit will ich auf jeden Fall wieder zurück in die Ukraine.

Wir möchte uns nochmal ausdrücklich für dieses tolle Interview bedanken und wünschen den Beiden noch viel Glück auf ihrem weiteren Weg!