Ende August haben wir, der Geschichte Leistungskurs der Q2, eine zweitägige Exkursion in die Wewelsburg unternommen. Diese schmucke Dreiecksburg wurde im 17. Jahrhundert errichtet und wurde im Zuge der Zeit des Nationalsozialismus zu einem wichtigen Symbol.
Warum ist das so? Und warum hat die Burg und ihre Geschichte heute noch Relevanz?
Die Wewelsburg ist die einzige noch erhaltene Dreiecksburg Deutschlands und wurde im frühen 17. Jahrhundert im Auftrag des Bischofs von Paderborn errichtet. 1933 wählte der Reichsführer-SS (Reichsführer Schutzstaffel) Heinrich Himmler die Burg aus, um dort einen zentralen Versammlungsort seiner SS einzurichten. Ende der 1930er-Jahre wurde die Wewelsburg durch eine Reihe baulicher Maßnahmen zu einer zentralen, abgeschotteten Versammlungsstätte für hohe SS-Offiziere und wurde zum Gegenstand weitreichender, architektonischer Pläne. Vorgesehen war hierbei ein 600 m weiter Radius aus Gebäuden und Wällen mit dem Nordturm als Mittelpunkt. Um diese Baupläne umzusetzen, wurde eigens ein Konzentrationslager eingerichtet. Es rangierte 1941 als eigenständiges Hauptlager „KZ Niederhagen/Wewelsburg“ im nationalsozialistischen KZ- System auf derselben organisatorischen Stufe wie die Lager Buchenwald und Sachsenhausen. Über 3900 Häftlinge wurden in das KZ Niederhagen-Wewelsburg deportiert und in Folge schwerer Arbeit und menschenunwürdiger Haftbedingungen sowie der Misshandlung und Willkür durch die SS-Wachmannschaften kamen mindestens 1229 Menschen zu Tode.
Doch was hat das mit uns zu tun? Und wieso ist gerade die Wewelsburg interessant, wenn es um unseren heutigen Umgang mit Deutschlands NS-Vergangenheit und aktuellen politischen Strömungen geht?
In dem Gespräch mit dem Geschichtspädagogen Herr Ellermann haben wir zwar viel über den Nationalsozialismus und den Zweiten Weltkrieg geredet, sind aber auch immer wieder auf die Gegenwart zu sprechen gekommen. Deutschland wurde nach dem Krieg nie entnazifiziert. Das bedeutet für uns, dass es immer noch Nazis in Deutschland gibt und besonders solche Orte wie die Wewelsburg Neonazis und Rechtsextreme förmlich anziehen. Es droht sich ein Kultort oder auch Versammlungsort der rechten Szene zu bilden. Der Obergruppenführersaal und die „Gruft“ in der Wewelsburg werden von rechten Kreisen als Heilige Stätte angesehen, weshalb strikte Auflagen gelten, wie das Verbot zu Fotografieren.
Als wir das Gelände der ehemaligen Konzentrationslagers besucht haben, waren wir schockiert, wie wenig es gekennzeichnet war. Das ehemalige Eingangstor ist heute ein Zweifamilienhaus. Was auf den ersten Blick unbegreiflich scheint, haben wir versucht, nachzuvollziehen. Was kann Menschen heute dazu bringen, in ehemaligen Konzentrationslagern zu leben? Es handelt sich nicht zwingend um Rechtsextreme und Hitler-Fanatiker, sondern vielmehr um Nachfahren von vertriebenen Ostpreußen. Die Gebäude waren billig zu der Zeit und die Familien leben seit Generationen dort. Man sollte also nicht immer voreilig verurteilen, nur weil man sich etwas nicht erklären kann.
Es geht auch darum im Alltag hinzuschauen und zu handeln, sich aktiv gegen menschenfeindliches Verhalten zu stellen, da man nichts verändern kann, wenn man sich nicht zeigt. Wir dürfen nicht so naiv sein und uns gebildeter oder aufgeklärter fühlen, als es die Menschheit vor 70 Jahren war. Nationalsozialismus existiert immer noch und wir müssen uns aktiv dagegenstellen.
Was uns im Rahmen der Exkursion ganz besonders aufgefallen ist, war, wie kultartig die Ideologie der Nazis doch ist. Das gesamte Weltbild beruht auf rassistischen, pseudowissenschaftlichen Theorien und strebt eine unrealistische „Utopie“ an. Genau wie Kulte beruhte auch das nationalsozialistische Weltbild auf Propaganda und Gehirnwäsche. Dies wird einem besonders klar, wenn man sich anschaut, wie die Nazis die Bevölkerung von Kindesalter an in die von den Nazis vorgesehene Rolle zu bringen versucht. Jungs mussten in den Schulen in Disziplinen wie „Granaten Werfen“ gegeneinander antreten, und den Mädchen wurde beigebracht wie wichtig es doch sei, Kinder zu kriegen, alles mit dem Ziel des „Endsieges“ vor Augen. Was diese Ideologie auch auszeichnet, ist die große Bedeutung von Symbolen und Runen, die immer wieder in der Geschichte rund um die Wewelsburg auftauchen. Bedrohlich wirkt auf den Betrachter die „Schwarze Sonne“ oder das Hakenkreuz in der Gruft welches in der Mitte der Decke aus massivem Stein hängt. Diese übermäßige Nutzung von Symbolen führte zu einer Allgegenwärtigkeit der nationalsozialistischen Ideologie und sorgte für eine Normalisierung dieser. Auch heute noch haben diese Symbole ihrer Wirkung noch nicht verloren und Orte, wie die Wewelsburg sind heute noch „Pilgerorte“ für viele Neonazis aufgrund ihrer historischen Signifikanz und Symbole wie die „schwarze Sonne“ werden bis heute noch als ein wichtiges Zeichen der rechtsradikalen Szenen genutzt. Es ist äußerst wichtig diese Symbole zu erkennen und ihnen die Wirkung zu nehmen, indem man ihnen keine Ehrfurcht schenkt. Außerdem müssen wir als Gesellschaft in der Lage sein zu erkennen, wenn eine Partei oder eine Person von politischer Relevanz versucht unsere Demokratie zu untergraben, damit sich das Geschehene niemals wiederholt.